Chronik

Die Anfänge

Der Zweite Weltkrieg liegt schon fast ein halbes Jahrzehnt zurück, das Leben verläuft vielerorts längst wieder in weitgehend geregelten Bahnen. 1949 – über nationale Grenzen hinweg bringt der Sport die Menschen zusammen und sorgt für Schlagzeilen; für negative wie für positive: Die komplette Fußballmannschaft des AC Turin kommt bei einem Flugzeugabsturz in einem Vorort der italienischen Stadt ums Leben, der tschechische Leichtathlet Emil Zatopek verbessert zweimal den Weltrekord über 10 000 Meter, Großbritannien setzt sich beim Internationalen Fußballverband (FIFA) dafür ein, Deutschland wieder für den internationalen Spielbetrieb zuzulassen, und im Stuttgarter Staatstheater wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wiedergegründet. Auch auf lokaler Ebene werden die sportlichen Weichen neu gestellt. Auf der Suche nach Kameradschaft finden sich in zahlreichen Gemeinden Gleichgesinnte zusammen – so auch in Bissingen. Die Geburtsstunde des ehrgeizigen Vorhabens schlägt am 1. August 1949. Die Männer der ersten Stunde heben den Fußballverein Bissingen (FVB) aus der Taufe und wählen als Vereinsfarben Grün und Weiß.

Erst fünf Jahre später erhält der nach dem Obst- und Gartenbauverein sowie dem Sängerbund dritte Bissinger Verein seinen bis heute gültigen Namen: 1954 beschließt die Hauptversammlung den Eintrag ins Vereinsregister unter der Bezeichnung Sportverein Bissingen (SVB). Schon der Satzungsentwurf von 1953 macht deutlich, dass neben dem Streben nach Titeln und Erfolgen der Dienst an der Allgemeinheit im Mittelpunkt allen Tuns stehen soll: “Der Jugendleiter ist die wichtigste Person im Verein, denn ihm fällt die Betreuung der Jugend anheim. Er muss sich seiner Verantwortung bewusst sein, denn durch seinen Einsatz soll er den nötigen Nachwuchs heranschaffen und die Jugend in sportlichem und kameradschaftlichem Sinn erziehen.” Aller Anfangseuphorie zum Trotz haben die Verantwortlichen der ersten SVB-Generation mit Problemen zu kämpfen, die auch ein halbes Jahrhundert später manchem Funktionär schwer im Magen liegen. So vermerkt das Protokoll zur Mitgliederversammlung am 5. Juli 1950 lapidar: “Der Besuch war schlecht”.

Was sich in den 80er Jahren zu einem wichtigen finanziellen Standbein entwickeln wird, fristet während der Gründerjahre noch ein stiefmütterliches Dasein im geselligen Bereich des Vereinslebens: Es weht im Dezember 1951 unverkennbar ein Hauch von Pessimismus durch das Versammlungslokal, als die Ausschussmitglieder bestimmen, es solle zwar eine Faschingsfeier veranstaltet werden, “aber nur einmalig, um ein Defizit zu vermeiden”. Schon zu Zeiten, als dieser heutige Hauptbestandteil des Jahresprogramms noch in den Kinderschuhen steckt, beweisen die Mitglieder laut Vereinschronik mit externer Hilfestellung komödiantisches Talent: “Zum Einstudieren des humoristischen Teils wurde Herr Lehrer Flock gewonnen.” Trotzen die Verantwortlichen folglich mit viel Engagement und Ideenreichtum den unvermeidlichen Anlaufschwierigkeiten, so hört der Spaß gleichwohl mitunter auf, noch ehe er richtig begonnen hat. Als Beweis mag eine Ausschussnotiz von 1959 gelten: “Ein für diesen Abend zugesagter Komiker konnte leider nicht auftreten.” Grund: unbekannt.

Erste Erfolge

Auch auf sportlichem Sektor wachsen die Bäume nicht automatisch in den Himmel. So wird 1956, nur vier Jahre nach ihrer Gründung, die Schützenabteilung infolge mangelnden Interesses aufgelöst. Das gleiche Schicksal ereilt weitere vier Jahre später die Tischtennisabteilung, die 1954 ins Leben gerufen worden war. Grund: Nachdem Abteilungsleiter Paul Witschorke nach Giengen gezogen ist, steht niemand zur Verfügung, der dieses Amt bekleiden will. Für positive Schlagzeilen sorgen hingegen die Fußballer. In der Spielzeit 1956/57 sichern sich die Grün-Weißen souverän die Meisterschaft in der C-Klasse. Das Gastspiel in der B-Klasse ist allerdings von ausgesprochen kurzer Dauer. Schon im darauffolgenden Jahr steigt die Mannschaft nämlich wieder ab. Nach einer wahrlich meisterlichen Saison 1959/60 gelingt der Aufstieg zum zweiten Mal. Zu den Gratulanten bei der anschließenden Feier im “Lamm” zählt neben Bürgermeister Wilhelm Laible und mehreren Gemeinderäten auch Heidenheims Landrat Dr. Albert Wild. Acht Jahre lang behauptet sich der SVB anschließend gegen die Konkurrenz, ehe eine allzu dünne Spielerdecke den erneuten Abstieg unausweichlich macht. Drei Jahrzehnte lang mühen sich die Bissinger dann vergeblich, sich sportlich aus der untersten Spielklasse zu verabschieden. Mehrfach verfehlt die Mannschaft dieses Ziel nur knapp, und erst nach einer langen sportlichen Durststrecke ziert ein weiterer Meisterwimpel das Vereinsheim: Rechtzeitig vor den Feierlichkeiten zum 50jährigen Bestehen holt sich der SV Bissingen in der Saison 1997/98 in überlegener Manier den Titel in der Kreisliga B.

Investitionen

Beherrschendes Thema ist Mitte der 60er Jahre die Erweiterung des Sportplatzes. Am 17. Mai 1965 beginnt der Bau der Umkleide-, Dusch- und Sanitärräume. Schon am 26. Juni treffen sich die zahlreichen Helfer zum Richtfest. Weil das Spielfeld vergrößert, die Rasenfläche neu eingesät werden soll, ist ein Ausweichplatz vonnöten. SVB-Gründungsmitglied Hans Schmidt hilft den Fußballern aus dieser misslichen Situation und stellt nach der Heuernte ein Grundstück in der Nähe des “Stockert-Waldes” zur Verfügung. Nach über zweijähriger Bauzeit werden die neugestalteten Anlagen am 24./25. Juni 1967 offiziell eingeweiht. Die gesamten Baukosten belaufen sich auf 73 000 Mark, wobei rund 51 000 Mark auf die Wasch- und Umkleideräume entfallen. Der restliche Betrag muss für die Platzerweiterung und die Beleuchtungsanlage aufgewendet werden. Die Vereinsmitglieder steuern 20 000 Mark in Form von Eigenleistungen bei. Dieses bemerkenswerte ehrenamtliche Engagement stößt im Rathaus wie im Landratsamt gleichermaßen auf Anerkennung. Bürgermeister Laible lobt bei der Übergabefeier “den Einsatz und die Zusammenarbeit der Mitglieder, die in uneigennütziger Weise dieses Werk schufen, das vor allem unserer heranwachsenden Jugend für die körperliche Ertüchtigung eine solide Ausbildungsstätte sein möge”. Nachdem eine Delegation der Landkreisverwaltung das “Lonetal-Stadion” besichtigt hat, dankt Landrat Dr. Wild im Rahmen einer öffentlichen Gemeinderatssitzung den SVB-Mitgliedern und dem Vereinsvorsitzenden Josef Hiller “für die zur Erhaltung der Volksgesundheit und vor allem der Jugendbetreuung geschaffene schmucke Sportstätte”.

Bilanz nach 25 Jahren

Eine Woche, nachdem Deutschland am 7. Juli 1974 durch einen 2:1-Finalerfolg über Holland im Münchner Olympiastadion zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister geworden ist, rüstet auch Bissingen zu einem großen Fest: Der Sportverein feiert sein 25jähriges Bestehen. Anlaß zur Rückschau für den zwischenzeitlich zum Vorsitzenden gewählten Adolf Hiller, der die Entwicklung des SVB vom ersten Tag an verfolgt hat. Als treibende Kraft während der zurückliegenden zweieinhalb Jahrzehnte bezeichnet er unter anderem die Begeisterung der Spieler, die so groß gewesen sei, “daß sie in der Anfangszeit in Ermangelung eines geeigneten Schuhwerks in Gebirgsstiefeln hinter dem runden Leder herrannten”. Wenn der Ort nicht zur reinen Schlafstätte degradiert werden solle, müsse man sich gerade auf Vereinsebene um ein intensiveres kulturelles und sportliches Leben bemühen, fordert Hiller. Dass die damals rund 500 Einwohner des Ortes diese Auffassung teilen, wird daran deutlich, dass 150 von ihnen Mitglied im Sportverein sind. Wie sehr sich der SVB neben der Historie auch der Zukunft verpflichtet fühlt, demonstriert bei der Jubiläumsfeier in der “Linde” die Gymnastikgruppe mit modernen Tanzformationen. Die Abteilung erfreut sich seit ihrer Gründung im Jahre 1967 durch 15 sportinteressierte Frauen zunehmender Beliebtheit. Strenggenommen wurde die Abteilung bereits 1952 ins Leben gerufen, in den darauffolgenden Jahren allerdings mehrfach aufgelöst und wiedergegründet.

Tatkräftige Mithilfe ist zum wiederholten Male gefragt, als das Vereinsheim aufgestockt werden soll. Nicht zuletzt dank der 3000 freiwilligen Arbeitsstunden, die rund 70 Helfer zu leisten bereit sind, bezieht der SVB nach nur anderthalbjähriger Planungs- und Bauzeit sein fertiggestelltes Domizil am 13. August 1976. Eine außerordentliche Hauptversammlung hat dem Bauvorhaben zugestimmt, nachdem der Württembergische Landessportbund im Frühjahr 1975 die Möglichkeit einer Bezuschussung andeutete. Eine grundlegende Verbesserung der örtlichen Infrastruktur kommt insbesondere der Gymnastikabteilung zugute: Die Einweihung der Mehrzweckhalle im Mai 1983 beschert den vier Gruppen mit ihren insgesamt 85 Teilnehmerinnen hervorragende Übungsmöglichkeiten.

Die Gegenwart

Für strahlende Gesichter sorgt 1988 die Installation einer neuen Flutlichtanlage, drei Jahre später, im April 1991, beginnt der Sportplatzneubau. Unter Leitung von Adolf und Eugen Hiller spucken viele Helfer in die Hände, um den finanziellen Aufwand für dieses Großprojekt in vertretbaren Grenzen zu halten. Zahlreiche Vertreter des Sports, der Kommunalpolitik und verschiedener gesellschaftlicher Organisationen kommen dann am 3. Juli 1992 nach Bissingen, um das Resultat monatelanger Arbeit zu begutachten. Das neue Spielfeld erlebt seine Feuertaufe beim traditionellen Fußballturnier um den Herbrechtinger Stadtpokal. Außerdem treffen in einem Freundschaftsspiel die Bissinger “Alten Herren” und eine Elf aus Biatorbagy (Ungarn) aufeinander. Seither finden die aktiven Mannschaften wie auch die A-, C- und E-Jugend im “Lonetal-Stadion” beste Trainings- und Wettkampfbedingungen vor. Dass sich in Bissingen indes nicht alles um das runde Leder dreht, wird deutlich an den derzeit sieben Gruppen der Gymnastikabteilung: 26 Personen treffen sich regelmäßig zum Mutter-Kind-Turnen, 33 zur Frauen-, 22 zur Wirbelsäulengymnastik, und 31 Kinder zu den eigens für sie angebotenen Übungsstunden.

Hohen Stellenwert genießt neben dem sportlichen auch das gesellschaftliche und gesellige Geschehen. Stellt der SVB gemeinsam mit dem Sängerbund seit vielen Jahren das Kinderfest auf die Beine, so steht 1997 eine Neuerung im örtlichen Veranstaltungskalender: Anlässlich der ein Vierteljahrhundert zuvor erfolgten Eingemeindung wird in Bissingen erstmals ein Dorffest gefeiert. Zwei Tage lang verwandeln die Vereine die neugestaltete Hauptstraße in eine Festmeile.
Exakt 423 Mitglieder, davon 168 weiblichen und 255 männlichen Geschlechts, hat der SVB an seinem 50. Geburtstag. All seine Gäste heißt er zu den Jubiläumsfeierlichkeiten herzlich willkommen, verbunden mit dem Angebot, sich am Vereinsleben zu beteiligen, denn:

Der Sport verbindet Generationen!